Online-Handelsplattform muss Sammelauskunft über Daten von Drittanbietern erteilen

Das Niedersächsische Finanzgericht (NFG) hat im zweiten Rechtsgang - soweit ersichtlich als erstes Finanzgericht - ein Sammelauskunftsersuchen des Finanzamts bezüglich der Daten der Nutzer einer Online-Handelsplattform für rechtmäßig erachtet.

Im Streitfall hatte das Finanzamt den Anbieter einer Online-Handelsplattform um Auskunft über Verkäufe niedersächsischer Unternehmen in den Jahren 2007 bis 2009 ersucht. Dem Finanzamt ging es darum, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 Euro pro Jahr über die Plattform erzielt hatten. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden.

Abwicklung über luxemburgische Schwestergesellschaft

Die Besonderheit des Falles bestand darin, dass die Website mit der darauf eingerichteten Handelsplattform in den betreffenden Jahren nicht von der Klägerin, sondern ihrer luxemburgischen Muttergesellschaft betrieben und das Drittanbietergeschäft über diesen Internetmarktplatz von einer luxemburgischen Schwestergesellschaft abgewickelt wurde. Die Klägerin, eine inländische Kapitalgesellschaft, erbrachte gegenüber Mutter- und Schwestergesellschaft eine Vielzahl von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Internethandelsplattform.

Im ersten Rechtsgang hatte der seinerzeit zuständige 5. Senat des NFG der Klage stattgegeben (Urteil vom 23.02.2012, Az. 5 K 397/10) und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass es der Klägerin nach Auffassung des erkennenden Senates wegen der bestehenden Geheimhaltungsvereinbarungen mit der Betreibergesellschaft nicht möglich ist, die ersuchten Auskünfte zu erteilen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob auf die Revision des Finanzamts das Urteil jedoch auf und verwies die Rechtssache zur erneuten Überprüfung an das NFG zurück (Urteil vom 16.05.2013, Az. II R 15/12, STB Web berichtete). Der BFH war der Auffassung, dass die Beantwortung eines Sammelauskunftsersuchens der Steuerfahndung zu Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform nicht wegen einer privatrechtlich vereinbarten Geheimhaltung dieser Daten abgelehnt werden könne.

Hoher Prozentsatz von Steuerverkürzungen mit erheblichen Mehrsteuern wahrscheinlich

Im zweiten Rechtsgang wies der nunmehr zuständig gewordene 9. Senat des NFG die Klage mit Urteil vom 30.06.2015 (Az. 9 K 343/14) ab. Der Senat bejahte insbesondere einen hinreichenden Anlass zur Einholung der Auskünfte im Hinblick auf die im Rahmen von Ermittlungen bei einem anderen Internet-Auktions- und Handelshaus gewonnenen Erkenntnisse (hoher Prozentsatz von Steuerverkürzungen mit erheblichen Mehrsteuern). Aus Sicht des Senats war das Sammelauskunftsersuchen auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere war eine Unzumutbarkeit selbst für den Fall nicht anzunehmen, dass die Herausgabe der erbetenen personenbezogenen Daten einen strafbewährten Verstoß gegen das luxemburgische Datenschutzgesetz darstellte.

Der durch das Sammelauskunftsersuchen ausgelöste Ermittlungsaufwand steht nach Überzeugung des NFG und dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere dem von den Ermittlungen zu erwartenden fiskalischen Ertrag. In diesem Zusammenhang gelangte der 9. Senat zu dem Ergebnis, dass konzerninterne, organisatorische Abreden zwischen Konzerngesellschaften wie die Beschränkung von Administrationsrechten in tatsächlicher oder zeitlicher Hinsicht einem rechtmäßigen Auskunftsersuchen ebenso wenig entgegen gehalten werden können wie privatschriftliche Geheimhaltungsvereinbarungen.

Das NFG hat die Revision nicht zugelassen.

(NFG / STB Web)

Artikel vom 26.08.2015